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Nachdem mir erklärt wird von vielen Seiten, was mir alles abgeht zum Glücklich sein und dass mir Kaufen könnt Freude bereiten, so füg ich mich letztlich und kaufe ein. Nur was, wo ich doch das meiste längst habe, nichts brauche und mir auch nichts wünsche und so. Ich trag schließlich alle Bedenken zu Grabe und kaufe mir Weihnachten. Aber wo? In Einkaufszentralen, die sich überschlagen im Weihnachtsmann-Look auf Teufel komm raus, stell ich mich den innerlich keimenden Fragen: Wie sieht denn Weihnachten eigentlich aus? Ich seh eine Frau beim Kassatisch stehen, die mit Geld und mit Waren jongliert und schnauft, und frag, ob ich Weihnachten hier könnt erstehen. Sie schüttelt den Kopf bloß: Ist ausverkauft.
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Auch draußen auf Märkten, in Budenbereichen verrät mir keiner, wo Weihnachten ist, so wird die Vermutung zum Fragezeichen: Hat dieses Produkt eine Ablauffrist? Ich frag einen Standler, der sich anschickt zu gehen, und grad seine Reste zusammenrauft: Wo kann ich Weihnachten erstehen? Er zuckt mit den Schultern: Ist ausverkauft! Nun, da auch im Netz und bei Amazone sich Weihnachten nicht erwerben lässt, probier ich es heuer einmal ganz ohne und rat es auch Ihnen: Frohes Fest!
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Die Bilder der Erinnerungen
voll Farbenpracht und Phantasie,
oft mehr, oft weniger gelungen,
sie schmücken unsre Galerie.
Der Wert, den sie für uns noch haben,
verliert sich mit der Lebenszeit,
und wird der Galerist begraben,
kein Hahn mehr nach den Bildern schreit.
Selbst die, die sie mit uns einst malten,
die haben eigne Bilderwelten
mit denen sie ihr Heim gestalten,
wo andere Motive gelten.
Drum lasst uns malen, lasst uns weben
und lasst uns so das Werk vollenden.
Sie gelten nur, so lang wir leben
und fallen mit uns von den Wänden.
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Wo seid ihr, Düfte, wo, ihr Träume,
wo das Erwartungselement,
das knisternd füllte alle Räume.
Wo finde ich Dich bloß, Advent?
Wo suche ich die Kindheitsbilder,
das Licht, das in mein Herz sich brennt?
Wo finde ich die Hinweisschilder,
die mir eröffnen den Advent?
Da wird mir plötzlich offenbart,
dass alles da ist und nichts fehlt.
Das Leben ist stets Gegenwart
und nur das hier und heute zählt.
Advent ist mitten unter allen,
in jenen hier, die mit mir singen,
in allen, denen wir gefallen
und die mit uns im Äther schwingen.
Gewiss, das Sehnsuchtsbild hat Risse,
kaum das es so noch jemand kennt ...
Die Zeit verändert eben die Kulisse.
Das Stück bleibt gleich. Es heißt: Advent.
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Herz, Schmerz und Glitzerglanz, kitschiger Firlefanz und mit dem Weihnachtsmann kündet die Zeit sich an. Schon mit dem Herbstbeginn wird uns, wie Medizin, Weihnacht ins Hirn gestreut und uns fest eingebläut. Doch so wie jede Lust endet auch das in Frust, denn gibt der Gier man nach, wird die Lust schwach. Deshalb, so war der Brauch, lernte man Warten auch, Kerzenkranz, Lichterzier, eins, zwei, drei, vier. Fasten und ruhig sein, und sich auf Weihnacht freu'n, bis in uns Sehnsucht brennt: Das ist Advent.
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Drei, vier Blätter noch am Baum hängen nach dem Lebenstraum. Ach, wie war die Zeit doch toll, als der Baum noch blättervoll, grün und blühend und zumal Früchte tragend überall. Nun kehrt langsam Leere ein und im schrägen Sonnenschein wird es nicht mehr richtig warm und die Blätter wirken arm, so allein und nach und nach, werden auch die drei noch schwach. Oft genügt ein kleiner Hauch und schon stehen Baum und Strauch unversehens grau und kahl, und ein letzter Sonnenstrahl küsst die Nacktheit, die da leidet, bis der Raureif sie bekleidet.
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Es ist ja so süß, wenn die Glocken klingen, wenn Himmelslieder die Englein singen, Maria und Josef das Kindlein wiegen, und die Tiere im Stall große Augen kriegen, oder besser bekommen, denn Krieg ist besch...eiden, und was kriegen bedeutet, will keiner erleiden. Denn in uns brennt anderes, was wir ersehnen. Wir wünschen uns Frieden, gemeinsam mit jenen, die vom dauernden kriegen genug längst haben, sich lieber erfreuen an geistigen Gaben, an Reimen und Liedern, selbst wenn man sie kennt. Sie machen uns heimelig den Advent und schaffen vertraute Geborgenheit und etwas Ruhe in hektischer Zeit. Wer braucht schon black fridays zur Christmas time, ich hab es lieber gemütlich daheim. Mag sein, dass kitschig und kindlich auch der abendländische Weihnachtsbrauch, doch das Krippenkind ist bloß Symbol und Ventil, für das Feine und Reine, das geboren sein will.
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Adventkuddelmuddel Adventdauerstrudel Adventmarkttouristen und Punschstandartisten Adventklimakleber, Adventg'eichte Leber, Adventstandlerkittel, Adventabführmittel. Adventrentierwäscher, Adventschnäppchenhäscher Adventglockenrotzen Adventlichterprotzen Adventschmusvermehrer Adventmarktverehrer, Adventsonnenbrillen, Adventhendlgrillen Adventstandlpilger Adventpunschvertilger Advent, Saus und Braus Advent - und aus.
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oder 'Die Waffen nieder'
Und wieder ist Krieg, ein endloses Sterben ...
Im Leiden vereint sind Mensch und Natur,
denn nicht nur beim Feind verbleiben die Kerben,
das Grauen zieht überall seine Spur.
Verlierer und Sieger sind Marionetten.
Wer Recht haben will, der ist nicht zu retten.
Mit Waffen wird kein Friede errungen.
Nur Worte sind hilfreich, gesprochen, gesungen.
Drum lasst uns singen, das Lied aller Lieder:
Die Waffen nieder!
Drum lasst uns reden, im Großen, im Kleinen,
solange wir reden, schweigt Waffengewalt.
Auch wenn wir die Meinungen nicht gleich einen,
sie wachsen und reifen, erlangen Gestalt,
und ringsum wird nirgendwo Blut vergossen.
Und macht uns das Reden des andren verdrossen,
ja wütend und zornig bis hin zum Erröten,
es kann uns verletzen, aber nicht töten.
Drum bleibt im Gespräch und bedenkt immer wieder:
Die Waffen nieder!
Drum bleibt im Gespräch, benützt Eure Gaben,
verbindende Worte sind göttlicher Hort.
Die Erde war wüst und im Finstern begraben,
das Wort war am Anfang und Gott war das Wort.
Und wurde zu Licht und hat uns beschieden,
es sinnvoll zu nutzen für Wohlstand und Frieden.
Dann wird nach Advent uns das Kindlein geboren,
dann ist alles gut und keiner verloren.
Drei Worte und jeder bewahrt seine Glieder:
Die Waffen nieder!
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Alles verzaubert: Jahreszeiten in Geschäftszeiten Eisblumen in Plastikbäume, Bratapfelduft in Dieseldusel Schneefahrbahnen in Salzpisten Dunkelheit in Lichtspiele Beschaulichkeit in Überstunden Liebe in Geschenkartikel Josef, Maria und Jesus in Hofer, Lutz und Müller Erwartung in Übersättigung Kerzenschein in Burn out Geburt in Fehlgeburt Adventstimmung in Advent ohne Stimmung Wann kommt die Heilige Nacht, die den Zauber hinwegnimmt ...
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Der Lebenszug fährt mit uns Ringelspiel. Wir kennen weder Ausgangspunkt noch Ziel. Erfassen können wir in dieser Welt nur Leben, das in Raum und Zeit zerfällt. Taucht aus dem Nichts und fährt ins Nichts zurück, sammelt Wagone für das Lebensglück und hängt sie wieder ab, nach langer Fahrt, weil er sich dadurch Kraft und Mühe spart. Doch hält er einmal an, fährt er sich fest, wenn diese Welt, wenn Raum und Zeit er lässt? Der Zug vom Urknall zur Endstation, ist Wahrheit er oder Illusion?
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Was ich hier niederschreibe
ist nur für mich gedacht. Dabei hab ich Gedichte
für andere gemacht. Doch blieb das Interesse
für sie bloß peripher, und ich, der ich sie liebte,
tat sich damit recht schwer. Fand ich doch meine Kinder
erbaulich, klug und fein, sie schienen mir gefällig
und gut geformt zu sein. Wenn ich sie präsentierte,
war Staunen ringsumher
und mancher, vorher skeptisch,
bewunderte sie sehr. So schnell, wie sie gefallen,
Empfindungen geschürt,
hat man sie auch vergessen,
hinkünftig unberührt.
Warum das immer wieder
in dieser Form geschieht, als ungelöste Frage
sich durch mein Leben zieht. So bleiben diese Kinder
schlussendlich mir allein, muss ich mit Ihnen kritisch,
zugleich auch liebend sein, erkennen, was ihr Dasein
mit meiner Seele macht: Das was ich niederschreibe,
ist nur für mich gedacht.
28.02.2021
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Manch einer hat es schon probiert
und kurzerhand die Welt regiert.
Auch wenn das regelmäßig scheitert,
wird so der Horizont erweitert.
Es gab schon vielerlei Regenten,
die sich als Auserwählte wähnten,
es gab verbrecherische Kerle,
und hin und wieder eine Perle.
Es waren Männer, Frauen, Kinder,
denn keiner ist der Macht zu minder,
doch sind vergessen all die Namen,
die einst geprägt den Weltenrahmen.
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Nur eine herrscht schon seit Aeonen
und überdauert Zeit und Zonen.
Geburt und Tod und alles Leben
ist stets in ihre Hand gegeben.
Sie hat im Griff den Weltenlauf
und setzt sich grad die Krone auf.
Regiert uns Angst? Regiert uns Licht?
Welch Namen geb’ ich dem Gedicht?
Ich nenn es lieber Zuversicht.
31.07.2020
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Wie bange ist mir, Altes hinzugeben.
Ich dulde Schmerzen, um es festzuhalten.
Und Schmerz drückt auf die Zuversicht im Leben,
dass ich imstand wär, Neues zu gestalten.
So führt die Bahn im Kreislauf der Spirale
nur stetig abwärts in die tiefsten Gründe,
bis mich die Qual gewordnen Schmerzsignale
daran erinnern: Stillstand, das ist Sünde.
Im Augenblick, da meine Kräfte schwinden
und ich gezwungen werde, loszulassen,
beginnen neue Kräfte, mich zu finden,
und ich lieg da, erschöpft, und kann’s nicht fassen.
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Die Operation, sie ist gelungen.
Die Wunde blutet noch und wird verbunden.
Der Schmerz hat längst sein Abschiedslied gesungen.
Die Zuversicht kehrt heim: Ich werd gesunden!
Der Weltenlauf ist ständig in Bewegung.
Das Leben altert und wird wieder jung.
Gott lebt inmitten Stille und Erregung
und Gottes Name ist: Veränderung.
26.04.2020
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Ich brauche wieder Haut auf meinen Fingern,
die Haut des Du und Lust sie zu berühren.
So wie der Panther hinter seinen Zwingern
versterbe ich, kann ich die Welt nicht spüren.
Ich brauche wieder Funkenflug und Feuer
und auch den Wind, der es in mir entfacht,
bis es, entflammt zum Liebesungeheuer,
vom Du gezähmt wird – oder ausgelacht.
Ich brauche dieses Du mit allen Sinnen,
den Witz, die Stimme und die Phantasie,
ich brauch es außen und ich brauch es innen,
ich brauch es analog als Vis-à-vis.
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Ich kann so manches und auch lang entbehren,
an Dingen geht mir selten etwas ab,
jedoch kann ich mich fürchterlich beschweren,
wenn ich geraume Zeit mein Du nicht hab!
(dem Corona-Virus ins Stammbuch geschrieben)
20.04.2020
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Die Regelwerke, die der Mensch erlassen,
die können diese Schöpfung nicht erfassen.
Trotz noch so kluger Bücher und Sentenzen,
das Universum lässt sich nicht begrenzen.
Auch Diktatur und Freiheit sind bloß Pole
auf Gottes grenzenloser Spielkonsole,
die so wie ihre Brüder Krieg und Frieden
Geschwister sind und trotzdem grundverschieden,
und dennoch gleichsam wieder eng beisammen,
weil alle sie aus einer Wurzel stammen;
ein Lebensbaum mit ungezählten Zweigen.
Ein in sich kreisender, bewegter Reigen.
Wie man den großen Geist am besten wohl beschriebe:
Den einen ist er Wahrheit, andren Liebe.
Für mich ist er das Ende des Gedichts,
ist zeitlos, reimlos, alles oder nichts.
27.03.2020
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Lesebuch mit Gedichten von Josef Newerkla, und Bildern von Prof. Willibald Zahrl Verlag Berger Horn, 256 Seiten, 37 Abbildungen, humorvoll, besinnlich, gediegen, Preis: € 25,-- beim Autor und in jedem guten Buchhandel. Daher vorerst keine aktuellen Texte auf der Homepage.
Erscheinungstag: 18.02.2019
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